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Wenn Zivilgesellschaft meint die verantwortliche Einbindung und Mitbestimmung der Bürger in gesellschaftliche Wertebildung und Aufgaben, so sollte wohl auch die Bürgerschaft in der Sprache angesprochen werden, die sie spricht, in der sie zuhause ist und die auch jene sprechen, die die Zielgruppe von Aktivitäten unter dem Motto der Zivilgesellschaft sind.

Tobias Leipprand, LEAD Berlin

Tobias Leipprand vom LEAD Berlin

Nun verschafft uns die Stiftung Mercator mit einem löblichen Projekt zur Zivilgesellschaft uns leider zu viel Gesellschaft – nämlich aus dem Englischen.  In Berlin gründete sie jüngst das Mercator Capacity Building Center for Leadership and Advocacy (LEAD). Damit möchte die Stiftung Führungsverantwortung stärken für die Aufgaben des 21. Jahrhunderts und stellt für drei Jahre eine Million Euro (nicht Pfund Sterling oder US Dollar!) zur Verfügung. Das „Center“  bietet u.a. Seminare, „Workshops“ und „Masterclasses“ an.
Wenn damit nun signalisiert werden soll, Führungsverantwortung in der Zivilgesellschaft verlangt das Englische und nur in dieser Sprache, ließe sich zugunsten der Zivilgesellschaft Einfluss nehmen („Advocacy“), so halten wir das für eine falsche, ja gefährliche Auffassung.
Statt nämlich Bürgeranliegen und Einbindung von Bürgern ernst zu nehmen, wird hier mit der Fremsprache das Signal für ein No-Where-Land oder ein Dies-ist-nicht-Mein-Land  gesetzt. Identifizierung mit einer Gesellschaft läuft wesentlich über die Sprache. Für die meisten Bewohner dieses Landes ist es die Muttersprache. Sie ist Deutsch. Das hat nichts mit Deutschtümelei zu tun, oder Aversion gegen Fremdsprachen. Selbst auf der europäischen Ebene ist eine Mehrsprachigkeit, die das Deutsche als eine wichtigsten Sprachen im EU-Raum berücksichtigt, notwendig. Unsere Zivilgesellschaft ist nicht die  civil society derjenigen, die sich mit englischen Namensgebungen aus der Verantwortung stehlen.

Erhalt und Pflege der Sprachen in Europa ist kein museales Anliegen von Folklore. Es gehört m.E.n. zu den wichtigen Aufgaben des 21. Jahrhunderts in Europa, der Ausbreitung eines globalisierten Englisch dort die Grenzen zu setzen, wo es etwa um Bürgerbeteiligung und stärkeres Mittun in gesellschaftlichen und politischen Prozessen geht. Schon viel zu oft, zu unnütz und ausschließlich dem Dünkel des Modischen verfallen sind die Unternehmen, Hochschulen und Verwaltungen in Deutschland mit ihrer Denglisch-Unkultur. Die Zivilsgesellschaft braucht keine „Capacity Building Center“. Sie braucht keine Ratschlüsse über neue Verantwortung von Junior- oder Senior-Presidents und Diversity Managern.  Sie braucht für alle Bürger verständliche und auch deswegen hilfreiche Einrichtungen mit Menschen, die Deutsch sprechen.

Hubert Kels, Jan. 2013

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